Warum Bürgermeister entscheiden wollen wo gebaut wird
- SPÖ Lassnitzhöhe
- 28. Juli 2023
- 3 Min. Lesezeit
Ob in Österreich aus einem Acker eine Reihenhaussiedlung wird oder nicht, darüber entscheiden die Gemeinden. Es sind folgenschwere Entscheidungen, die bei Gemeinderatssitzungen getroffen werden – nicht nur weil mit dem knappen Gut Boden verantwortungsvoll umgegangen werden sollte, sondern auch weil durch eine Umwidmung aus billigem Grünland teures Bauland wird. Da erinnern wir uns gerne gemeinsam an die "Causa Gewerbegebiet Autal" wie die Kleine Zeitung im April 2021 berichtet hat.

Auch hier hat sich der Herr Bürgermeister seinen Grund umwidmen lassen. Damals wurde die Landwirtschaftliche Nutzfläche auf ein Gewerbegebiet umgewidmet, ein Unternehmen wolle sich hier ansiedeln wurde uns erzählt. Dieses soll neue Arbeitsplätze für die Gemeinde bringen. Tatsache ist aber, dass bis heute keine Firma dort gebaut wurde, der Grund aber nun deutlich mehr wert ist als vorher. Anscheinend ist ein solches Vorgehen aber kein Einzelfall, wie die aktuelle Ausgabe des Standard schreibt.
So geschehen ist das in Grafenwörth in Niederösterreich, wo der Bürgermeister Alfred Riedl (ÖVP) laut Medienberichten durch Grundstücksverkäufe eine Million Euro verdient haben soll. Er hat seine Funktion als Präsident des Gemeindebunds nun vorerst ruhend gestellt. Darum wächst nun wieder eine altbekannte Diskussion aus dem Boden: Sollen die Widmungskompetenzen bei den Gemeinden liegen – oder wären diese bei einer übergeordneten Stelle besser aufgehoben?
Ahnungslosigkeit im Gemeinderat
Die Kompetenzverteilung sei schon richtig – aber es gebe viele Baustellen, so lässt sich die Meinung der vom STANDARD befragten Experten zusammenfassen. Immerhin würden Gemeinden am besten wissen, was sie brauchen, sagt der Planer Robert Korab. "Und es ist nicht so, dass Gemeinden schalten und walten können, wie sie wollen", betont der Raumplaner Thomas Dillinger von der TU Wien. Denn das Land hat eine Kontrollfunktion, und in vielen Raumordnungen ist heute schon festgelegt, wo überhaupt noch gewidmet werden darf. Die Aufsichtsfunktion haben die Raumordnungsabteilungen der Länder – gestoppt werden kann ein Projekt allerdings nur, wenn es nicht gesetzeskonform ist. Das sei vielen Gemeinderätinnen und Bürgermeistern nicht klar, sagt der Klagenfurter SPÖ-Gemeinderat Elias Molitschnig, der selbst in diesem Aufsichtsgremium in Kärnten sitzt. Oft sei man im Gemeinderat der Meinung, das Land würde es schon richten und eine Umwidmung oder Bebauung verweigern, sollte es Ungereimtheiten geben. "Die Gemeinden wollen zwar diese Kompetenzen, aber sie nehmen sie unzureichend wahr", ärgert sich Molitschnig.
Dahinter müssen nicht einmal böse Absichten stecken. Manche Gemeinderätinnen und Bürgermeister wissen schlichtweg nicht, was zu ihrem Einflussbereich gehört. Oft fehlt auch das Wissen über Baukultur, Flächenwidmung oder Bodenverbrauch. Molitschnig hat schon erlebt, dass Mandatare gar nicht verstehen, worum es bei einer Abstimmung geht. "Sie heben dann einfach die Hand, wenn der Bürgermeister es auch tut", erzählt er. Und der Bürgermeister selbst will oft nicht als Verhinderer gelten, weil er jene, über deren Grundstücke entschieden wird, gut kennt oder weil durch das neue Einkaufszentrum am Ortsrand Arbeitsplätze geschaffen und die Reihenhaussiedlung auf dem Acker der Traum vom Eigenheim Realität für die Jungen wird. Laut Molitschnig ist eines der größten Probleme in Österreich, dass sich Gemeinden im Vorhinein zu wenig mit der Planung eines Projekts beschäftigen. Dabei müssten sie mit finanziellen Mitteln und Ressourcen des Bundes unterstützt werden. Über Förderungen könnten sie dazu animiert werden, für ein konkretes Projekt einen Master- oder Bebauungsplan oder ein örtliches Entwicklungskonzept nach gewissen Qualitätskriterien zu erstellen. Weiters müsse sich die Gemeinde auch im Klaren sein, was die gesamträumlichen Ziele sind. So sei man schon vorbereitet, wenn eines Tages ein Investor anklopft.
Besitzverhältnisse offen legen
Verbesserungsvorschläge gäbe es genug. Der Planer Korab wünscht sich eine zweite Instanz, die auch kontrolliert, inwieweit das Projekt dem Gemeinwohl und nicht den Interessen Einzelner dient. Er fordert auch, dass bei Umwidmungen die Besitzverhältnisse der Grundstücke offengelegt werden müssen, um zu sehen, wer eigentlich daran verdient. In anderen Ländern, etwa der Schweiz, werden Gewinne aus Umwidmungen, die besonders in zentralen Lagen enorm sind, abgeschöpft. Das könnte den Druck von Investoren reduzieren. Korab könnte sich auch vorstellen, dass man die Zuständigkeit für Flächenwidmung und Bebauungsplan trennt. Die grobe Planung würde eine übergeordnete Stelle – etwa das Land oder der Bezirk – übernehmen, die konkrete Siedlungsentwicklung, also der Bebauungsplan, bei den Gemeinden bleiben.
Und dann bräuchte es noch viel mehr Wissen dazu, wie folgenschwer Umwidmungen sein können. In Kärnten gibt es daher seit einiger Zeit vom Bund geförderte Baukulturseminare für Bürgermeisterinnen und Verwaltungsmitarbeiter. Die Nachfrage ist dem Vernehmen nach sehr groß. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. (Bernadette Redl, Franziska Zoidl, 26.7.2023)
Die Ganze Geschichte gibt es hier zu lesen:
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